Immer dieser Personenkult

Die nationalen Wahlen sind vorbei, die letzten zweiten Wahlgänge finden heute Sonntag statt. Etwas Ruhe nach den Wahlen? Für mich wars das Gegenteil. Natürlich wusste ich als Fraktionspräsidentin, dass nach nationalen Wahlen Aufgaben auf mich warten wie etwa die Verteilung der Kommissionssitze oder die Besetzung diverser Präsidien.

Am erstaunlichsten aber war das Verhalten der Medien. Was haben wir Grüne vor den Wahlen versucht, über Inhalte zu sprechen, über Wassermanagement, über eine schnelle Anbindung an Horizon Europe oder über nachhaltige Mobilität. Aber das Interesse der Medien war klein – oder der Aufwand zu gross.

Werden Themen in Zukunft einfach nicht mehr detailliert diskutiert? Wird nicht mehr eingeordnet? Warum werden Problembewirtschaftung in den Medien viel grösser gewichtet als Lösungen dazu?

Dazu kommt der Personenkult beim Topthema Bundesrat. Plötzlich ist es möglich, dass jeden zweiten Tag ein Mitglied von uns eine Seite in der Zeitung erhält. Eindrücklich. Als die Grünen-Fraktion entschieden hat, für die Bundesratswahlen anzutreten, war das Medieninteresse auf einmal immens. Was wurde über tatsächliche und möglich Kandidierende geschrieben. Auf jedem Kanal.

Dann die Nichtwiederwahl von Lisa Mazzone: Man überbot sich mit Analysen zu diesem Ereignis. Und als Balthasar Glättli ankündigte, dass er nicht mehr als Parteipräsident antreten werde, gabs seitenlange Auslegeordnungen. Konkret heisst das, dass Journalist:innen anrufen und alle genau die gleichen Fragen stellen. Zum Schluss immer diese: «Und Sie, werden Sie die neue Präsidentin?»

Natürlich finde auch ich eine gute Berichterstattung dazu wichtig. Aber momentan nehme ich einen Personenkult statt inhaltlicher Auseinandersetzung mit relevanten Themen wahr.

Als ich mit der Politik angefangen habe, wusste ich, welche:r Journalist:in sich mit welchen Themen auskennt. Der Druck auf die Medienbranche steigt weiter, obwohl die Information so eminent wichtig ist. Dass die grossen Medienhäuser derzeit so viele Stellen streichen, macht mir grosse Sorgen. Wir brauchen inhaltliche Medien, die ihren Informationsauftrag wahrnehmen können.

(Dieser Artikel ist in ähnlicher Form als Kolumne im Sonntagsblick erschienen.)