Einordnung zu den US-Zöllen
Mein Votum zu den US-Zöllen im Rahmen der Wintersession 2025:
«Als wir von der Reduktion der US-Zölle auf 15 Prozent gehört haben, hat die Industrie aufgeatmet. Obwohl ein kleiner Teil unserer Wirtschaft, wenige Branchen betroffen sind, diese aber sehr stark, war es grundsätzlich ein Aufatmen, weil die ganze Debatte eine grössere Verunsicherung ausgelöst hat. Es gibt für die betroffenen Branchen wieder etwas mehr Luft, sie atmen mehr, sie können sich aufs Geschäft konzentrieren. Die Frage ist aber, zu welchem Preis diese Zollsenkung erkauft wird, und diese müssen wir heute hier diskutieren.
Es geht nicht nur um die Reduktion der Zölle, es geht auch um politische Prioritäten, um demokratische Verfahren und um die Frage, wie souverän dieses Land in Zukunft noch entscheiden kann und will. Der geplante Zolldeal mit den Vereinigten Staaten ist mehr als ein technisches Handelsabkommen. Es geht um Investitionszusagen in gigantischem Ausmass, um regulatorische Weichenstellungen und um politische Vorwegnahmen.
1. Die angekündigten Investitionen: 200 Milliarden US-Dollar sollen Schweizer Firmen in den USA investieren. Das bedeutet aber auch gleichzeitig, dass diese Investitionen nicht an einem anderen Ort, auch nicht in der Schweiz getätigt werden. Das ist ein Entscheid für die USA, aber auch gegen die Schweiz, mit Konsequenzen für unser Land in Bezug auf Arbeitsplätze, Forschung und die Wertschöpfung in unserem Land. Solche massiven Investitionen sind ein industriepolitisches Signal und werden mittelfristig zu einem Standortnachteil für unser Land.
2. Die grosse Diskussion über Demokratie und Regulierung: Der Bundesrat will auf Druck der USA auf eine Digitalsteuer verzichten. Das ist nicht nur eine politische Vorentscheidung, die einen Entscheid dieses Parlamentes vorwegnimmt, es ist auch inhaltlich schwer nachzuvollziehen, denn die grossen Technologiekonzerne haben sich in verschiedenen Märkten durchgesetzt. Ob Onlinehandel, Cloud-Dienstleistungen, soziale Medien oder digitale Werbung: Ihre wirtschaftliche Macht ist enorm, ihr Steuerbeitrag jedoch sehr klein, und da braucht es unbedingt eine Korrektur. Das internationale Umfeld verändert sich aktuell sehr. Die Frage der Besteuerung globaler Digitalkonzerne gehört deshalb zuerst in dieses Parlament, in das Schweizer Parlament, dann können wir weiter diskutieren. Aber schlussendlich müsste auch das Volk etwas dazu zu sagen haben. Es sind keine bilateralen Verhandlungen, wenn wirtschaftlicher Druck demokratische Prozesse unterläuft. Gerade für die aktuelle Medienlandschaft, die für unsere direkte Demokratie enorm wichtig ist, ist es entscheidend, dass wir über diese Digitalsteuer für die Digitalkonzerne sprechen.
3. Die Landwirtschaft und der Konsumentenschutz: Die angedeuteten Marktöffnungen im Agrarbereich sind besonders besorgniserregend, weil die USA unsere Lebensmittelstandards als Handelshemmnisse betrachten. Das ist eine gefährliche Verschiebung der Perspektive, weil unsere Lebensmittelgesetzgebung dem Schutz unserer Gesundheit, der Umwelt, dem Tierwohl und auch unserer Landwirtschaft dient. Sie ist kein Handelshemmnis, sondern Ausdruck gesellschaftlicher Entscheidungen. Nehmen wir das berühmte Beispiel der Chlorhühner. Chlorbehandeltes Geflügel ist in der Schweiz aus guten Gründen verboten. Es kann also nicht sein, dass wegen handelspolitischen Drucks wissenschaftliche Grundlagen neu bewertet werden und ein solcher Import plötzlich möglich sein soll. Das hätte für die Konsumentinnen und Konsumenten, für die Umwelt, für den Tierschutz und für unsere Bäuerinnen und Bauern, die schon heute unter einem sehr grossen Preisdruck leiden, massive Folgen. Eine Marktöffnung ohne gleiche Standards ist kein fairer Handel, sondern ein Angriff auf die Schweizer Landwirtschaft. Eine solche Absenkung werden wir nicht mittragen.
Handelspolitik darf nicht zur Hintertür werden, um innenpolitische Entscheidungen vorwegzunehmen, weder bei den Steuern noch bei der Landwirtschaft oder der Mobilität. Wir wollen, dass es transparent wird, dass wir diese Verhandlungsmandate auch sehen können, und ich bitte den Bundesrat, dass wir zumindest das Verhandlungsmandat besprechen können, wie das auch beispielsweise bei den Bilateralen gemacht wurde, damit wir hier ganz konkret diskutieren können, was wir in der Schweiz wollen, was wir zuerst in diesem Parlament diskutieren wollen und dass wir nachher auch die Bevölkerung dazu befragen können.»
Willst du dir mein Votum anhören? Das Video findest du hier.